Die Schauspielerin Adela Florow, die viele als resolute Büroleiterin Huber aus der beliebten ZDF-Krimiserie „Die Rosenheim-Cops“ kennen, steht derzeit mit einer ganz persönlichen Geschichte auf der Bühne des Theaters Undsofort in München. Bis zum 1. Juni 2025 verkörpert sie dort in dem eindrucksvollen Monologstück „Das letzte Mal…?“ nicht nur eine Figur – sie erzählt ihre eigene, bewegende Lebensgeschichte.
Die Inspiration dazu kam überraschend aus der Familie: Ihre Tochter Claudia hatte sie einmal dazu ermutigt, ihre Geschichte aufzuschreiben. Doch Florow wies das zunächst zurück – schließlich sei ihre Familie nicht die Buddenbrooks, sondern schlicht die Baumanns. Dass ihr Leben jedoch alles andere als gewöhnlich ist, offenbart sich nun in ihrer Bühnenfassung, die von der Autorin Petra Wintersteller feinfühlig verfasst und selbst inszeniert wurde.
Florow schlüpft in die Rolle der 63-jährigen Katja Baumann, die im Rahmen eines Schulprojekts den Elternabend in der Klasse ihres siebenjährigen Enkels Timo besucht. In der Annahme, sie werde vor Kindern sprechen, bringt sie eine große Kiste Lollies mit – und so werden nicht nur Timos Klassenkameraden, sondern auch das erwachsene Theaterpublikum mit Süßigkeiten überrascht. Dazu gehören auch die „Bjali Kurabye“, ein traditionelles Gebäck nach einem Rezept ihrer bulgarisch-armenischen Großmutter, das die gelernte Konditorin selbst zubereitet.
Mit dieser liebevollen Geste taucht das Publikum mitten in die Geschichte einer Migration ein: 1961 in Bulgarien geboren, flüchtete die kleine Katja mit ihren Eltern während der Nachwirkungen des Prager Frühlings 1968 vor dem kommunistischen Regime. Die dramatische Flucht führte sie über Jugoslawien und Österreich schließlich in die Bundesrepublik Deutschland. Florow erzählt diese Etappe mit einer Intensität, die tief berührt – denn es ist die Geschichte ihres eigenen Lebens.
Adela Florow wurde tatsächlich 1961 in Sofia geboren und lebt heute in München. Ihre persönliche Erfahrung als Migrantin in Deutschland, die Herausforderungen der Integration, das Aufwachsen in einer fremden Kultur sowie das Erleben des Kalten Krieges – all das verarbeitet sie auf der Bühne mit beeindruckender Authentizität. Der Text von Petra Wintersteller trifft genau den richtigen Ton: ohne Larmoyanz, ohne Pathos, aber mit viel Empathie und feinem Humor.
Im Mittelpunkt steht dabei eine Frau, die sich selbst als glückliche Großmutter sieht – eine, die stolz auf das ist, was sie und ihre Familie gemeistert haben. Hinter der bescheidenen Fassade offenbart sich jedoch eine Geschichte voller Mut, Durchhaltevermögen und Selbstbehauptung. „Eigentlich ein Hammer“, sagt sie über das, was ihre Eltern durchgemacht und für die Familie geschaffen haben.
Das Bühnenstück ist nicht nur ein biografisches Porträt, sondern auch ein starkes gesellschaftliches Statement. In Zeiten zunehmender Fremdenfeindlichkeit und Debatten über Migration ist „Das letzte Mal…?“ ein Plädoyer für mehr Menschlichkeit, Respekt und Dankbarkeit in einer freien Gesellschaft. Florow und Wintersteller gelingt mit ihrem gemeinsamen Projekt ein feinfühliger und dennoch kraftvoller Appell, sich daran zu erinnern, was es heißt, ein neues Leben in der Fremde zu beginnen – und was für eine enorme Leistung es ist, dabei nie den Mut zu verlieren.
Die Vorstellung hinterlässt nachhaltigen Eindruck: Sie lädt ein zur Reflexion, zur Wertschätzung familiärer Wurzeln und zur Hoffnung auf eine Zukunft ohne Vertreibung. Der Titel „Das letzte Mal…?“ spielt mit der vagen, aber utopischen Hoffnung, dass es irgendwann keine Fluchten mehr geben muss – dass eines Tages Kinder oder Enkel sagen können: „Diese Flucht war das letzte Mal.“
Adela Florow erweckt mit ihrem Spiel eine Geschichte zum Leben, die viele Menschen mit Migrationshintergrund teilen – und die dennoch in ihrer persönlichen Perspektive einzigartig ist. Sie beweist nicht nur ihr schauspielerisches Talent, sondern auch großen Mut, ihre eigene Biografie zum Gegenstand der Kunst zu machen.
Das Stück ist noch bis zum 1. Juni 2025 im Theater Undsofort in München zu sehen, jeweils Donnerstag bis Samstag um 20 Uhr und sonntags um 18 Uhr. Es ist ein Theaterabend, der berührt, zum Nachdenken anregt – und vielleicht auch dazu inspiriert, die eigene Familiengeschichte mit neuen Augen zu sehen.